Rede der Schüler*innenvertretung
Bei der Kundgebung am 15.03.2024 haben Schüler*innen der weiterführenden Schulen in Brühl gemeinsam eine beeindruckende Rede gehalten, die wir hier noch einmal zum nachlesen posten möchten.
Liebe Brühlerinnen und Brühler,
wir stehen hier als Schülersprecher fast aller weiterführenden Schulen Brühls, um gemeinsam für die Demokratie, die Vielfalt und den Respekt in unserer Gesellschaft einzustehen. Denn wir alle haben Angst davor, wie unsere Zukunft aussehen würde, wenn wieder einmal rechtsextreme Gruppen und Parteien wie die AfD an die Macht gelangen. Denn das, was die AfD plant, würde uns junge Menschen besonders betreffen:
Die AfD stellt den menschengemachten Klimawandel in Frage und lehnt damit auch das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 ab. Die gravierenden Auswikrungen des Klimawandels, die jetzt schon in Deutschland, Europa und der gesamten Welt spürbar sind, würden zunehmen – die AfD würde nichts gegen die Zerstörung unserer aller Lebensgrundlage tun. Aber noch viel wichtiger für uns: Die AfD lehnt eine vielfältige Gesellschaft klar und deutlich ab. Sie plant, im Geheimen, Millionen von Menschen aus Deutschland zu vertreiben, die laut der AfD nicht ausreichend angepasst sind, auch wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
– Genau diese Vielfalt, die Vielfalt an Religionen, Nationalitäten, Weltanschauungen, sexuellen Orientierungen und Identitäten ist das, was uns hilft, die Welt zu verstehen. Vielfalt zeigt uns verschiedene Kulturen und neue Perspektiven, die uns ermöglichen, die Welt anders und viel bunter zu sehen. Wenn wir Vielfalt als die Realität ansehen, die sie in Deutschland ist, können wir die Gesellschaft gemeinsam neugestalten und entwickeln, damit sich die nächsten Generationen mit und ohne Migrationshintergrund nicht für die Person, die sie sind, schämen oder vor der Gesellschaft verstecken müssen. Ohne Veränderung oder Unterschiede steht die Welt still. Wir wollen keine eintönige Gesellschaft, sondern eine, die uns viele verschiedene Türen offenhält, ob Deutsch oder nicht.
Und genau dieses Versprechen, haben wir in den letzten Jahrzehnten den Menschen gegeben, die hier hin geflohen sind, so wie meinem Vater, einem Großteil meiner Familie und vielen weiteren aus dieser Gesellschaft. Sie haben ihr Land verlassen oder sind aus ihrem Land geflohen, um hier in Deutschland sicher zu sein und die Chance auf ein neues, besseres Leben zu bekommen. Wenn die Rechtsextremen an die Macht kommen, wird die Sicherheit und die Akzeptanz, die Deutschland ihnen versichert hat, zerstört.
Jeder hier kennt bestimmt mindestens einen, der nicht deutscher Herkunft ist, ob Familie, Freunde, Mitschüler, Lehrer, Partner oder man selbst. Sie und wir alle haben das Recht, hier zu sein und ein sicheres Leben in Akzeptanz zu führen. Ich möchte nicht, dass meine Familie sich hier nicht mehr willkommen fühlt oder anders behandelt wird. Auf persisch heißen die Wörter: sendegi und azadi, Leben und Freiheit. Lasst uns alle in Freiheit leben und die große Vielfalt in Deutschland beibehalten. Kultur macht die Welt bunt. Wir alle machen die Welt bunt, also lasst und dafür sorgen, dass rechtsextreme Gruppen uns diese Farben nicht wegnehmen.
– Mein Name ist Mohammed […], ich komme aus Syrien und bin seit 2015 hier in Deutschland. Ich und viele andere Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern mussten unsere Heimat verlassen, weil dort Krieg herrscht und wir uns dort nicht mehr sicher fühlten. Wir haben uns alle sehr gefreut, dass ihr uns in eurem Land so herzlich aufgenommen habt. Wir fühlen uns hier sicher und sind euch allen sehr dankbar dafür, dass hier so viel Menschen stehen um mit uns gegen Rechts kämpfen. Ich und viele andere Geflüchtete hoffen auf ein besseres Leben, wollen hier eine Zukunft aufbauen und in Frieden gemeinsam mit euch leben. Wenn Rechtsextreme an die Macht kommen, sind Flüchtlinge hier nicht mehr willkommen. Wir werden uns hier nicht mehr sicher fühlen und werden wir sogar abgeschoben. Deutschland ist und soll bunt bleiben.
– Um genau diese Vielfalt in Deutschland beizubehalten, brauchen wir weiterhin eine Demokratie, in der wir die Möglichkeit haben, unsere Stimmen zu erheben und an den Entscheidungen teilzuhaben, die unser eigenes Leben unsere Gesellschaft betreffen – so wie wir alles es jetzt tun. Es ist das Fundament unserer Freiheit und ermöglicht uns, gemeinsam an der Gestaltung einer gerechten und inklusiven Gesellschaft mitzuwirken. Die Vergangenheit zeigt uns eindrücklich, dass die Abschaffung einer Demokratie auch mit demokratischen Mitteln geschehen kann und wird, wenn sich Menschen dem nicht widersetzen. Von den Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus zu den Menschen, die die Demokratie in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg aufgebaut haben war viel Arbeit, Wille und Mut notwendig, um unsere demokratische Gesellschaft zu erreichen. Denken wir einmal daran, wie viele Leute für unsere Rechte gekämpft haben, die wir heute so selbstverständlich finden. Mutige Menschen haben enormen Einsatz gezeigt und persönliche Opfer gebracht, damit wir heute in einer Demokratie leben können. Wir schulden es ihnen, ihr Erbe zu ehren und dafür zu kämpfen, dass unsere Gesellschaft weiterhin so vielfältig und demokratisch bleibt. Lasst uns ihre Leidenschaft und ihren Mut als Antrieb nutzen, um unsere Stimme zu erheben und für das einzutreten, woran sie geglaubt haben. Ihre Opfer und ihr Durchhaltevermögen in dunklen Zeiten erinnern uns daran, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist und dass wir stets wachsam sein müssen, um sie zu verteidigen.
– Die Demokratie zu verteidigen können wir aber nur als Gesellschaft, die zusammenhält. Die AfD möchte diesen gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht, sie spaltet, hetzt gegen Minderheiten und schürt Angst und Hass. Um dies zu verhindern, erwarten wir von uns selbst und jedem hier, für diesen Zusammenhalt einzustehen. Das schaffen wir, indem man sich engagiert, wählen geht und am öffentlichen Leben teilnimmt. Aber von der Politik erwarten wir diesen Einsatz auch: Wer Feindbilder erzeugt und Menschen gegeneinander ausspielt, wer Falschnachrichten streut und auf komplexe Fragen zu einfache Antworten gibt, spielt populistischen Bewegungen wie der AfD in die Karten. Denn die globalen Probleme, wie Migration, Klima und Ungleichheit, lösen wir nur, wenn wir zusammenarbeiten, über Ländergrenzen hinweg. Indem wir Verständnis zeigen für andere Perspektiven und wegkommen von Stereotypen über Mann und Frau, von Deutschen und Nicht-Deutschen. Es ist unser aller Aufgabe, Respekt und Toleranz allen Menschen zu gewähren und dies stets in jeder unserer Handlungen mit einzubeziehen. Und dafür stehen wir hier oben. Danke sehr!
Herzlichen Dank an Roya, Jill, Nuray, Timur und Mohammed für diese wunderbare Rede, die uns alle sehr bewegt hat!


